Mit Schubert auf der Reise zu Schubert – Tagebuch einer Reise

1. August 2007, erster Tag :

• Gedanken vor der Abreise: Das soll nun die letzte Chorreise sein, gedacht als Belohnung und Abschluss der 13jährigen Zeit an unserem Gymnasium. Ich bin froh, dass ich einer der Begleiter auf dieser Fahrt sein darf und gespannt darauf, was das Besondere dieser Reise werden wird.
• Trotz der frühen Stunde herrscht im Bus eine heitere Stimmung. Alle sind gut drauf, natürlich wird vor der Abfahrt gesungen – wie sonst auch.
• Auf dem Weg nach Dresden ist es nach der Einstimmung durch Robert, Sandra, Susanne und Anke recht still, der Schlaf wird nachgeholt. Oder wird vorgeschlafen?
• In Dresden: Alle werden im Hof der Unterkunft, dem Hostel Dresden Neustadt, auf ihre Zimmer verteilt. Dann: Stadtrundfahrt. Sächsisch klingt gemütlich… Die Stadt ist sehr schön. Der Höhepunkt des Tages: Die Besichtigung der Frauenkirche. Ich habe sie bisher als Ruine gesehen, da war ich mit meinem Chor auf einer ähnlichen Reise. Dann vor einigen Jahren während eines Kurzbesuchs mit meinem Mann, da hatte der Aufbau schon lange begonnen und wir sahen in der Krypta einen Informationsfilm über Vergangenheit und Zukunft der Kirche. Und nun ist die Kirche fertig, schön wie vor der Zerstörung. Ich erinnere mich an den Anblick des Steinbergs, an die nummerierten geborgenen Bruchstücke und Steine – ich ziehe den Hut vor dem Mut und der Leistung der Erbauer!
• Natürlich lässt sich der Chor das Singen in der Frauenkirche nicht nehmen! Als die ersten Töne erklingen, wird es ganz still, die zahlreichen Besucher flüstern nicht einmal mehr miteinander. Der herzliche Applaus überzeugt wohl auch die strengen Aufsichtspersonen…
• Die Abendandacht verfolgen wir von unseren Plätzen auf der Empore. Die Orgel klingt wunderbar.
• Jeder gestaltet seinen Abend so, wie er möchte. Wir bummeln durch die Stadt, sehen Ballons beim Aufsteigen zu und trinken ein Glas Meißner Wein. Dresden bietet für jeden etwas.

• Besuch der Semperoper. Das schöne Opernhaus wird nicht nur besichtigt, sondern die Stufen der Prachttreppe werden – einer schönen Tradition entsprechend – ganz schnell zu Chorstufen umfunktioniert. Die Lieder erfreuen das Publikum, das innehält und das unverhoffte kleine Konzert genießt.
• Auf unserem Weg nach Prag liegt Hosterwitz. Dieser idyllisch gelegene Teil Dresdens ist für Musikfreunde besonders anziehend, denn eines der Winzerhäuser bewohnte Carl Maria von Weber mit seiner Familie. Die im Garten des Hauses gesungenen Lieder rühren wohl auch die Museumsmitarbeiterinnen an, denn eine der Damen erzählt viel und sehr lebendig über den Komponisten.
• Die Fahrt in die tschechische Hauptstadt wird in Terezin noch einmal unterbrochen. Ein junger Mann führt uns durch das ehemalige Konzentrationslager Theresienstadt. Es tut gut, von ihm zu hören, dass er mit Besuchergruppen deutscher Jugendlicher fast nur gute Erfahrungen gemacht hat. Auch wir sind von dem, was wir sehen und hören, bewegt.
• Am Abend kommen wir in Prag an, beziehen unser Hotel und gehen an die individuelle Gestaltung des Abends. Wir fahren in die Stadt, was wegen der fehlenden Münzen für die Metro-Tickets abenteuerlich beginnt. Auf dem Altstädter Ring werden wir mit dem Abendessen gerade noch fertig, bevor starker Regen einen abendlichen Stadtbummel verhindert.

• Unsere Stadtführerinnen zeigen uns die schönsten und bedeutendsten Orte Prags: den Hradschin (wo wir wegen des Gedränges auf die Besichtigung des Veitsdomes verzichten), die Kleinseite, die Wenzelsbrücke natürlich und das Altstädter Rathaus. Dass wir dort mit dem Glockenschlag 12 Uhr das Spiel der Figuren bestaunen, versteht sich von selbst.
• Der Nachmittag gehört ganz Dvorak und Smetana, deren Spuren wir auf dem Vysehrad nachgehen. Dieser Ort hoch über der Stadt ist für das Nationalgefühl der Tschechen von besonderer Bedeutung. Die beiden Komponisten werden mit Liedern geehrt, die vor ihren Gräbern erklingen. Von hier oben sehen wir das blaue Band der Moldau- am Abend werden wir auf dem Fluss fahren.
• Die Schifffahrt auf der Vlatava wird dann auch zu einem besonderen Erlebnis. In gemütlicher fröhlicher Runde wird gespeist, geplaudert und – gesungen. Zu schnell vergeht die Zeit.

• Heute geht es durch den schönen Böhmerwald weiter nach Wien. Auf die Stadt an der Donau freuen sich alle ganz besonders, denn sie ist den Sängern von einer vorherigen Chorfahrt gut bekannt. Nach der Ankunft am frühen Abend steht dann auch eine Stadtrundfahrt bei Nacht auf dem Programm. Ein gemütlicher Herr mit leichtem ungarischen Akzent führt uns mit zunehmender Freude durch seine Stadt. Nachdem wir uns für den nächsten Tag mit ihm verabredet haben, überlässt er es uns, das Wiener Nachtleben zu entdecken.

• Während die erste Reise des Chores nach Wien vor allem Ludwig van Beethovens Wirken galt, folgen wir jetzt den Spuren Franz Schuberts. Als wir das Haus der Familie Schubert besuchen, das gleichzeitig Wohn- und Schulhaus war, fällt mir ein, was ich über den Schulmeister Schubert gelesen habe. Der kleine Franz hatte die Stimme seines gestrengen Vaters oft bis in den Garten gehört. Dass er später selbst als Hilfslehrer sein Brot verdienen musste, fiel ihm schwer genug…. Hier also lebte der Spielmann vom Himmelpfortgrund ! Heute klingt es im Hof des Anwesens anders als zu Vater Schuberts Schulstunden. Der Chor singt Schubert zur Ehre und den Besuchern zur Freude einige seiner schönsten Lieder.
• In der Lichtentaler Kirche, die von allen nur Schubert-Kirche genannt wird, erleben wir sehr bewegende Momente. Hier hatten Schuberts Eltern geheiratet, war Franz Schubert getauft worden, hier wurde seine erste Messe aufgeführt. Es versteht sich von selbst, dass gesungen wird.
• Der Abend hält eine Überraschung bereit: Wir gehen zum Heurigen nach Grinzing! Dass wir ausgerechnet in Beethovens Lokal zu Gast sind, ist ein Geschenk Roberts und wie das Tüpfelchen auf dem i oder wie der Obers auf dem Braunen… Wir nehmen im Garten Platz, bestellen zu essen und zu trinken und lassen es uns in angenehmer Runde richtig gut gehen. Der Heurige schmeckt nicht nur wunderbar, sondern regt auch zum gemeinsamen Singen an. Der letzte Abend der Reise vergeht wie im Flug.

• Dass auf der Heimfahrt ein dritter Musiker gewürdigt wird, versteht sich fast von selbst. Die letzte Station ist also Mozarts Salzburg. Vor dem Tanzmeisterhaus, dem Wohnhaus der Familie Mozart von 1773 an, findet nicht nur die Reise ihren inhaltlichen Abschluss, sondern geht auch die Zeit des Jugendchores am Oskar-Gründler-Gymnasium Gebesee offiziell zu Ende. Bewegende Worte des Dankes gehen an die Chorleiterin, Marlis Hildebrand, und an ihre Sängerinnen und Sänger.
• Ich bin berührt, weil ich erlebe, wie etwas sehr Schönes sein Ende findet. Dankbar bin ich meiner Kollegin Marlis für die vielen schönen Momente, die sie mir mit ihrem Chor gschenkt hat. Und dankbar bin ich allen Chormitgliedern, ehemaligen wie derzeitigen, für ihr Engagement für die Chormusik. Es ist schön zu wissen, dass ich mir eure Lieder jederzeit anhören kann, wenn ich dazu Lust verspüre, denn in meinem Regal stehen drei CDs mit euern schönsten Liedern….